OZ: Eine mörderisch gute Premiere

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Artikel aus der "Odenwälder Zeitung" 03.12.2007

Siedelsbrunn. Mit stehenden Ovationen bedankte sich das Publikum am Samstagabend im Siedelsbrunner Bürgerhaus beim Männergesangverein Union 1873 Wald-Michelbach und bei Krimiautorin Simone Jöst für ihr erstes gemeinsames "Lese-Konzert". Die Kombination aus einer mörderisch guten Geschichte und einer "Europa-Tournee" des Chores war sehr beeindruckend.

MGV Union beim Chorkrimi (Bild: Benjamin Steininger)

Rainer Killiches, Vorsitzender des MGV Union, hatte die Besucher begrüßt. Einige wunderten sich, dass der Aktive in ganz legerer Kleidung vor ihnen stand. Dieses Rätsel klärte sich aber rasch auf: Zu Beginn des Konzertes bot der Chor Einblicke in seine Probenarbeit. So spazierten die Sänger in normaler Straßenkleidung zur Bühne, wo Musikdirektor Hans-Joachim Karl schon auf sie wartete. Bei der Arbeit an "Swing Low, Sweet Chariot" war er allerdings mit der gebotenen Leistung überhaupt nicht zufrieden. Immer wieder unterbrach er den Gesang, wies auf Fehler hin und ließ von vorn beginnen. Schließlich wurde es ihm aber zu viel, verzweifelt und laut schimpfend verließ er die Bühne.

Krimi im Chormilieu

Simone Jöst bei der Lesung des Chorkrimis (Bild: Benjamin Steininger)

Und das war der Beginn von "Assolo Mortale - Tödliches Solo", eines Krimis, der im Chormilieu spielte und aus Sicht der Protagonistin Ereignisse beschrieb, die sich während der Europa-Tournee eines Chores ereigneten.

Und so entwickelte sich die Story einer liebenden Ehefrau, die ihren Mann unbedingt als Solist im Chorkonzert hören möchte und bereit ist, dafür einiges zu tun. Wie weit sie dabei ging, zeigte sich nach dem "Gastspiel" in England. Hier übernahm der Chor wieder. "My Lord, What A Morning" von Gilleham, eine Schilderung von Fronleichnam, "Steal Away", eine Beschreibung von Jesu Himmelfahrt, und James Erbs grandioses "Shenandoah", das dem Tal gewidmet ist, in dem der Missouri entspringt, waren zu hören.

Passend zum "Auslandsauftritt" hatten sich die Sänger umgezogen und standen nun im klassischen Outfit, in dunklen Anzügen, auf der Bühne.
Stets hervorragend akzentuiert und auch in leisen Partien gut verständlich, boten sie die englischsprachige Chorliteratur dar. Im letzten Stück war nicht nur der Fluss deutlich zu hören, den der Bass interpretierte, die Tenöre übernahmen auch die Darstellung des einsamen Tals mit seinem Echo.
Weiter ging es mit der Kriminalgeschichte, in der sich zeigte, dass die Hauptperson das Konzert des Chores zwar genossen hatte, es aber nicht verkraftete, dass ein anderer Solist im Rampenlicht stand. So unternahm sie auch nichts, als sie bei einem Spaziergang miterlebte, wie eben dieser Sänger in ein Moor geriet und versank.
Weitere Stationen der "Europa-Tournee" waren Paris und Venedig. In der "Stadt der Liebe" präsentierte der Chor ganz selbstverständlich die verschiedenen Formen der Liebe mit Liedern wie "Belle Rose du Printemps", "Liebeslied im Garten", "Matrose und Mädchen" sowie mit dem Volkslied "Rosemarie".

Mit Nancy Telfers "The Blue Eye Of God" präsentierte der MGV Union bei der italienischen Station noch eine Premiere: Die Komponistin hatte ihr Stück speziell für diesen Abend für einen Männerchor umgeschrieben.
Und gerade dieses Stück, in dem sich alles um Wasser, die Natur, den Menschen und die Beziehungen zueinander drehte, war für die Zuhörer überaus beeindruckend. Verstärkt wurde der Effekt durch eine Diashow mit wunderschönen Bildern von Meereslebewesen und Vögeln.

MGV Union beim Chorkrimi (Bild: Benjamin Steininger)

Wie kaum anders zu erwarten, waren auch die weiteren Stationen der Europa-Tour mörderisch. Wer wissen möchte, warum es auch dort zu Toten kam, der sollte die Gelegenheit nutzen, wenn der MGV Union gemeinsam mit Simone Jöst sein "Lese-Konzert" erneut aufführt.
Das Publikum in Siedelsbrunn war rundum begeistert und eigentlich nur enttäuscht, dass das Konzert nach gut zwei Stunden endete. Hier hätte jeder gern noch viel länger zugehört. So gewährte der Chor Zugaben, zu denen der Chorleiter auch Simone Jöst zum Mitsingen auf die Bühne bat.

Das Konzert war auch der würdige Rahmen für die Ehrung von Hans-Joachim Karl für seine inzwischen schon 25-jährige Dirigententätigkeit beim MGV Union. Ehrenvorsitzender Bernhard Fischer, langjähriger Wegbegleiter des Jubilars, hielt die Laudatio zum Chorleiterjubiläum (Bericht folgt).
Auch nach dem Konzert dachten die meisten Besucher noch nicht ans Nachhausegehen: In geselliger Runde klang der Konzert-Abend schließlich aus. kko

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