OZ: Hören, bewerten, entscheiden

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Artikel aus der "Odenwälder Zeitung" 18.06.2013

Chortage: Die internationale Jury legt verschiedene Bewertungsmaßstäbe zugrunde / Nicht nur das Singen ist wichtig / Bei Gleichstand wird noch einmal diskutiert

WALD-MICHELBACH.

Rhythmusgefühl, Textsicherheit und Artikulationsvermögen: Das sind nur drei von vielen weiteren Bewertungsmaßstäben, die die internationale Jury bei den dritten Wald-Michelbacher Chortagen zugrunde legte. Weit über 2000 Sängerinnen und Sänger stellten sich den kritischen „Ohren“ von Juryleiter Reijo Kekkonen und seinen Kollegen. Die Jurymitglieder bewerteten bei den Auftritten, ob ein Chor gut singt. Dabei war der erste Eindruck ebenso entscheidend wie die Intonation. Viel Wert legten sie auch auf die richtige Balance. Besonders angetan war Kekkonen von den zahlreichen Chören, die zeigten, wie hoch die Leistungsdichte auch im Laienbereich ist. „Das hat mich wirklich beeindruckt“, sagte er. Der Juryleiter begrüßte auch, dass überhaupt so viele Laienchöre bereit waren, sich mit sehr guten anderen Chören zu messen.

Probleme im Bassbereich

Obwohl die Turn- und Festhalle in der Rudi-Wünzer-Straße sehr gute Bedingungen für den Wettbewerb bot, hatten einige Chöre im Bassbereich doch Probleme, ihre volle Wirkung zu entfalten. „Vielleicht haben ja die Vorhänge zu stark gedämpft“, sagte Kekkonen. Nach den Auftritten, bei denen sich die Jury zahlreiche Notizen machte, wurde bei den vier Juroren angeregt diskutiert, viele Aspekte berücksichtigt, um die Reihenfolge und Punktzahlen festzulegen. Bei Gleichstand wurde dann meist alles nochmals gründlich erörtert, in einzelnen Klassen kam es trotzdem zu Doppelplatzierungen. Wie sich zeigte, hatte auch der hervorragende Ruf der Jury dazu geführt, dass sich so viele Chöre anmeldeten und teilweise stundenlange Anreisen in Kauf nahmen, um an den Wettbewerben teilzunehmen. So kam ein Chor extra aus Siegen nach Wald-Michelbach. Kekkonen stellte fest: „An den zwei Tagen hat es für mich so manche positive Überraschung gegeben. Ich habe gemerkt, dass sich alle Chöre intensiv und sehr gut auf die Wettbewerbe vorbereitet haben.“ Wenig Verständnis zeigte der Finne allerdings für die Chöre, die zum Volksliedfestival mit ausländischen Liedern antraten. „Die deutsche Volkslieder-Tradition ist so groß, da hat man doch genug Auswahl, um das passende Lied zu finden.“

Zehn Stunden im Einsatz

Kekkonen ist seit vielen Jahren regelmäßig in Wald-Michelbach. Denn mit dem Dirigenten des MGV Union, Hans-Joachim Karl, verbindet ihn eine lange Freundschaft. Seit 1995 steht alljährlich der Besuch der Musikmesse in Frankfurt auf seinem Programm, in diesen Tagen wohnt er bei Karl. Aber auch zu anderen Zeiten besucht er manchmal den Überwald. So waren die Wettbewerbstage für ihn ein Besuch bei guten Freunden. Doch auch die übrigen Jury-Mitglieder fühlten sich in Wald-Michelbach sichtlich wohl. Allerdings war ihre Aufgabe auch anstrengend. Rund zehn Stunden galt es für sie an beiden Tagen, die Chöre zu bewerten. Am Sonntag waren die Bundestagsabgeordneten Christine Lambrecht und Dr. Michael Meister zu Gast und dokumentierten damit die Bedeutung der Wettbewerbe, die anlässlich des 140-jährigen Jubiläums des MGV Union stattfanden. kko

Die Platzierungen bei den dritten Chortagen

  • Tagesbestleistungen: 1. Männerchor 1891 Somborn, 2. MGV Concordia Gunzenbach und Harmonie Bernbach.
  • Klasse G2: 1. Chor 84 Obertshausen, Silber-Diplom; 2. Gesangverein Orpheus Geiss-Nidda, Bronze; 3. MGV Eintracht 1912 Altneudorf, Bronze.
  • Klasse F2: 1. Divertimento Cäcilia Chöre Lindenholzhausen, Silber; 2. Frauenchor „Da Capo“ Nieder-Weisel, Silber; 3. Frauenchor des MGV 1888 Eiterbach.
  • M3: 1. MGV Concordia Gunzenbach 1896, Gold; 2. Kemper-Werks-Chor, Silber; 3. Sangesfreunde Kleebachtal, Silber.
  • M2: 1. Männerchor 1891 Somborn, Gold; 2. Männerchor Cäcilia Horbach, Silber; 3. Sängervereinigung Frohsinn 1870 Wirges, Silber.
  • G1: 1. Salto Vocale Elz, Silber; 2. Cantiamo Chor der Sängervereinigung 1854 Staufenberg, Silber; 3. Gesangverein 1846 Bad Camberg und GV Liederkranz 1879 Pohl-Göns, je Silber.
  • M1: 1. Harmonie Bernbach, Gold; 2. GV Frohsinn 1898 Kirrlach, Silber; 3. MGV Sängerbund 1860 Heiligkreuzsteinach, Silber.
  • Sonderklasse B: 1. Ensemble Vocale Lindenholzhausen, Gold; 2. Limburger Kammerchor, Gold; 3. Kammerchor Joyful Voices, Silber.
  • Sonderklasse A: 1. Carpe Diem Limburg, Gold; 2. La Capella junior, Gold; 3. The Rocky Harmonists, Silber.
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    Drei Fragen: Weiten Weg auf sich genommen

    Hans-Joachim Karl, Dirigent des Männergesangvereins Union 1873 Wald-Michelbach, zieht ein Fazit für die dritten Wald-Michelbacher Chortage.

    1) Was war aus Ihrer Sicht das Schönste an den dritten Wald-Michelbacher Chortagen?

    Hans-Joachim Karl: Dass wir an beiden Tagen so wunderbare Musik gehört haben und tolle Chöre zu Gast waren. Die hochwertige Jury sorgte dafür, dass viele Chöre von weit her anreisten.

    2) Gab es für Sie auch etwas Außergewöhnliches?

    Karl: Ja, dass unter den Teilnehmern auch acht Kammerchöre waren. Das stellt eine absolute Ausnahme dar.

    3) Wie war die Resonanz der Sänger?

    Karl: Erfreulicherweise haben wir ungeheuer viel positives Feedback für das Ensemble aus Halle und das Festzelt erhalten. Viel gelobt wurde auch die Organisation.

    kko